Austellung/

"INTELLIGENT ART FLIES" (3 Ausstellungsfotos der Installation "CODIERBAR" in der Galerie Zulauf, Ausstellung "Junge Kunst"

 Auszug aus den Texten zum Kunst-Label CODIERBAR, ein Text in Zusammenarbeit mit Ulf Torreck

 

Gebrauchsanweisung für unsere Sprache-Willkommen in der CODIERBAR

 

 

LABEL: CODIERBAR ist ein Kunstprojekt,

das sich als Dienstleister im Sinne einer

PR-Agentur für Individualität versteht.

Bewusst haben wir unser Projekt so konzipiert,

dass wir verschiedene Plattformen

und Möglichkeiten zur Öffentlichkeitsarbeit

nutzen können. Neben der Konzeption

und Gestaltung von Motiven für T-Shirts,

die wir als Medium, denn schlichten

Gebrauchsgegenstand begreifen, verfassen

wir auch Artikel für Magazine, betreiben

eine Plattform im Internet und reflektieren,

analysieren und thematisieren in

der Öffentlichkeit neue Entwicklungen

innerhalb von Medien, Konsum und

Kunstraum.

 

PRODUZENTEN: Der Name unseres

Projektes greift den Begriff der Bar auf. Er

will neben seiner übergreifenden Bedeutung

innerhalb der Projektbezeichnung

ganz im herkömmlichen Sinne als virtueller

Raum verstanden werden, an dem

Barkeeper über die Distanz ihrer Theke -

das Internet - hinweg ihre Gäste bedienen.

Barkeeper der CODIERBAR sind Antje

Schlenker und Ulf Torreck, eine Studentin

der Medienkunst und ein Autor. Beide

haben sich entschlossen, ihre jeweiligen

Erfahrungen und spezifischen Ausdrucksmöglichkeiten

in einem gemeinsamen

Projekt miteinander zu verbinden. Bei

ihren Usern sollen bisher ungewohnte

Bezugsebenen zwischen Wort und Bild

hergestellt werden.

Unsere Muse ist die Strasse, deren klare

Sprache und Symbolik über alle

Erfahrungs- und Bildungsgrenzen hinaus

verstanden wird. In Erweiterung von Jean

Pauls berühmten Ausspruch zu Sinn und

Wirkung von Büchern, als Briefe an fremde

Freunde, betrachten wir all diejenigen,

welche sich für unsere Produkte entscheiden,

zugleich als Auftraggeber wie

Konsumenten, aber auch Performer unserer

Konzepte. Ihre Persönlichkeit soll den

Rahmen bilden, in dem unsere Arbeiten

erst ihre volle Wirkung entfalten.

RAUM: Für uns, die wir uns offen zur

Strasse als unserer Muse bekennen, kann

jede eindeutige Verortung nur als

Einengung begriffen werden. Wir sehen

uns in einem fiktiven Raum, der sich nicht

anders als medienübergreifend umreissen

lässt.

TOOLS: Als Werkzeuge sehen wir dabei

die spezifischen Ausdrucksmöglichkeiten

einer bildenden Künstlerin und eines

Autors. Wir sehen Sprache als Wort, Bild

und Zeichen, aber eben so sehr als

Symbol und Begriffscocktail. Wir sind

davon überzeugt, dass erst eine Collage

aus Wort und Bild, Zeichen und Symbolen

ein prägnantes, unverwechselbares

Aroma erzeugt, welches die Zutaten einzeln

genommen, nicht zu erzeugen vermögen.

Wir fordern von unseren Usern die

Fähigkeit zur Interpretation ein, die für uns

neben dem jeweiligen kulturellen

Hintergrund das entscheidende Tool zu

Identitätsausprägung -und Abbildung darstellt.

 

MUSTER UND REGELN: Das Medium,

dessen wir uns für unser Projekt bedienen,

soll Teil der darin verbreiteten

Message darstellen. Um dies zu erreichen

und uns gleichzeitig ein unverwechselbares

Erscheinungsbild zu verleihen, haben

wir Regeln entworfen, denen wir uns in der

Gestaltung unserer Arbeiten unterwerfen.

Wobei wir Regeln als System, Muster als

Sprache und Bruch als Spezifika verstehen.

Was unsere Textarbeit angeht, ist die

grundlegende Dramaturgie das Ergebnis

gemeinsamer Diskussionen und Gegenüberstellungen

unserer individuellen

Sichtweisen.

 

ZEIT: „Alles, was du tun musst, ist ihnen

ein Angebot zu machen, das sie einfach

nicht ablehnen können“, sagte Don Vito

Corleone in Coppolas Pate – Film. Im derzeit

heraufdämmernden Radikalmedienzeitalter

wird Individualität höchstens noch

in Sonntagsreden zelebriert. Klar definierte

Formate, die ihre Konsumenten, über

deren Kaufkraft hinaus auch als

Persönlichkeiten betrachten, sind beunruhigend

rar geworden.

Schopenhauers Definition von Kunst als

Beruhigungsmittel hat sich vermeintlich

umfassend gegen Nietzsches Überzeugung

von Kunst als der Stimulans des

Lebens durchgesetzt.

Wir meinen, dass es an der Zeit ist, den

Kunstraum wieder stärker als Plattform für

künstlerisch anspruchsvolle Reflektionen

über gesellschaftliche Zustände und

Tendenzen zu begreifen und bis in die

Massenmedien hinein zu erweitern.

Don Vito Corleones Lehrsatz vom

Angebot, dass schlichtweg nicht mehr

abzulehnen sei, sollte nicht zwingend in

der Art der Umsetzung akzeptiert werden,

die die Medien derzeit dafür gefunden

haben: dem einzig als Konsumenten definierten

User, dem kein Ort mehr ohne

beständige Berieselung belassen wird.

Schliesslich kann Don Vitos Lehre genau

so gut von den Künstlern unserer Zeit

auch als Strategie begriffen werden, die es

ihnen erlaubt, sich die massenmedial

besetzten und verteidigten Räume zurückzuerobern.

 

 

 

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